Chronik des Leidens oder wie man schnell eine Baugenehmigung bekommt


28.11.2002

vom Bauamt Beeskow wird ein Baustopp gem. §81 BbgBO wegen bereits begonnenem Umbau am Stallgebäude (Giebel + Tür) verhängt. Eine „Gebühr“ von 100 € ist zu entrichten. Es wird gefordert, die nötigen Unterlagen zur nachträglichen Genehmigung bis zum 20.12.2002 beim Bauamt einzureichen. Bei Nichtbefolgen wird der „Erlass einer Ordnungsverfügung“ angedroht.

12 / 2002

wir beauftragen Herrn Bukowsky vom gleichnamigen Architekturbüro in Eisenhüttenstadt mit der Erstellung der geforderten Unterlagen und beschließen dabei, gleich das ganze Projekt mit allen erforderlichen Umbaumaßnahmen genehmigen zu lassen. Es wird vereinbart, dass Herr Bukowsky die vollständigen Unterlagen persönlich beim Bauamt einreicht. Für die zu erbringende Planungsleistung Bauantrag Leistungsphase 4 bezahlen wir 580 € im Voraus.


02 / 2003

nach zweimaligem Treffen präsentiert uns Herr Bukowsky die von ihm erstellten Unterlagen. Wir sind zufrieden und lassen den Bauantrag von allen beteiligten Parteien unterzeichnen. Es wird nochmals vereinbart, dass Herr Bukowsky die Unterlagen persönlich beim Bauamt abgibt, da er - wie er behauptet - „Beziehungen“ zum Bauamtsleiter hat.

02 / 2003 - 12 /2003

nach mehreren Telefonaten mit dem Bauamt stellt sich heraus, dass die geforderten Unterlagen zum Genehmigungsverfahren selbst im September immer noch nicht beim Bauamt vorliegen. Nachfragen bei Herrn Bukowsky bleiben unbeantwortet. Gleichzeitig wird uns vom Bauamt unterstellt, wir würden die zuständigen Beamten zum Narren halten u.ä. Eine Versiegelung des Gebäudes wird angedroht, kann aber durch telefonische Beteuerungen unsererseits verhindert werden. Im Dezember versuchen wir, rechtliche Schritte gegen Herrn Bukowsky einzuleiten, um wenigstens unser Geld für die offensichtlich nicht erbrachte Leistung zurückzubekommen. Ein von uns konsultierter Rechtsanwalt hat nur ein müdes Lächeln übrig, als er den Namen des Architekten hört. Er informiert uns über die seit längerem bestehende Insolvenz des Architekturbüros und sagt uns auch, dass wir auf der Liste der Gläubiger ganz unten stehen würden.

12 / 2003

wir finden einen befreundeten Architekten, der sich bereit erklärt, sämtliche Unterlagen nochmals zu überarbeiten und beim Bauamt einzureichen. Es stellt sich heraus, dass die von Herrn Bukowsky erstellten Pläne mangelhaft sind, bzw. einzelne Unterlagen ganz fehlen. Der von ihm vorbereitete Bauantrag wäre so gar nicht genehmigungsfähig gewesen.

Da sich in den vergangenen Monaten Änderungen am Konzept ergeben haben, entwirft Lars Göhring - unser neuer Architekt – ein völlig neues Projekt und erstellt neue Planungsunterlagen in Rücksprache mit dem Bauamt.

10.12.2003

eine Begehung auf unserem Grundstück findet mit Frau Müller vom Bauamt und Lars Göhring statt. Frau Schütz vom Umweltamt sollte auch dabei sein, ist aber wegen Krankheit verhindert. Frau Müller macht uns nicht viele Hoffnungen, da es sich hier um ein Grundstück im Außenbereich handelt und das Wohnhaus bereits abgerissen wurde. Sie gibt uns dennoch Tipps zum Erstellen des Bauantrags und sagt uns, dass wir es auf jeden Fall versuchen sollten, da sie persönlich die Idee gut findet.

15.12.2003

in einem Schreiben vom Bauamt wird nochmals die Einreichung der Unterlagen gefordert. Letzter Termin ist der 31.01.2004. Jede Nutzung des Gebäudes ist ab sofort zu unterlassen. Bei Zuwiderhandlung wird mit weiteren Kosten gedroht.

01 / 2004 - 05 / 2004

alle zu beteiligenden Behörden werden im Vorfeld kontaktiert. Es gibt Probleme mit dem Zufahrtsweg, der Löschwasserbereitstellung und andere Schikanen. Die beteiligten Ämter schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu, keiner fühlt sich für irgendwas zuständig.


04.05.2004

Nachdem alles mehr oder weniger geklärt ist und die Unterlagen und Pläne vollständig sind, geben wir den Antrag auf Vorbescheid beim Bauamt in Beeskow persönlich ab. Zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren können wir uns zurücklehnen und warten.

13.05.2004

ein Schreiben vom Bauamt informiert uns über den Eingang unseres Antrages und auch darüber, dass Unterlagen Mängel aufweisen bzw. fehlen. Die Nachforderungen sollen bis zum 24.06.2004 vorliegen.

02.06.2004

die nachgeforderten Unterlagen sind beim Bauamt eingegangen. Die Vollständigkeit des Antrages wird bestätigt, die Überleitung in die Sachbearbeitung erfolgt. Unsere Sachbearbeiterin ist Frau Müller. Ein Termin für den Abschluss des Verfahrens kann nicht genannt werden.

21.09.2004

Frau Müller schreibt uns, dass der Ämterumlauf beendet sei und das Vorhaben nach planungsrechtlicher Zulässigkeit abzulehnen ist. In dem mehr persönlich als amtlich verfassten Brief steht weiterhin, dass sie bis 5. Oktober nicht im Amt sei, wir aber dann vorbeikommen könnten, um mit ihr darüber zu sprechen.

30.09.2004

wir legen schriftlich Widerspruch gegen das Schreiben von Frau Müller ein, weil wir nicht sicher sind, ob es sich hierbei um eine offizielle Ablehnung unseres Antrages handelt oder nicht. Sicher ist sicher.

5.10.2004

Herr Heinze vom Bauamt schreibt uns, dass der Widerspruch am 5.10.2004 eingegangen ist.

12.10.2004

wir sprechen persönlich mit Frau Müller. Sie teilt uns mit, dass unser Antrag abgelehnt werden wird. Begründung dafür ist der Verdacht auf Entstehung einer Splittersiedlung im Außenbereich. Sie gibt uns die Möglichkeit, den Antrag zurückzuziehen, um so Kosten zu sparen. Wir lehnen das ab.

25.10.2004

Herr Schulze vom Bauamt schreibt uns, dass der eingelegte Widerspruch unzulässig ist, weil noch keine „Sachentscheidung in Form eines Verwaltungsaktes ergangen sei“. Es gibt nun die Möglichkeit, den sicherheitshalber eingelegten Widerspruch zurückzuziehen, die weitere Bearbeitung der Voranfrage wird dann sofort eingeleitet.


27.10.2004

wir ziehen den sicherheitshalber eingelegten Widerspruch schriftlich zurück.

2.11.2004

die Rücknahme des „sicherheitshalber“ eingelegten Widerspruches wird uns von Frau Schmidt in einem Schreiben bestätigt. Der weiteren Bearbeitung unseres Anliegens sollte nun nichts mehr im Wege stehen.

30.11.2004

nachdem vom Bauamt im Laufe des Monats keine Rückmeldung erfolgte (es geht jetzt nur noch um die Zusendung des seit 21.09.2004 im Amt vorliegenden Vorbescheides), beschließen wir, telefonisch nachzufragen. Ein Anruf bei Frau Müller ergibt, dass diese nicht mehr zuständig ist. Frau Hübner sei jetzt unsere Ansprechpartnerin. Frau Hübner erklärt am Telefon, dass nicht sie die Akte hätte, sondern Herr Helm. Herr Helm sagt uns, dass leider sein Computer nicht funktioniert und er sich deshalb „jetzt erstmal im Hause bewegen müsse“ und uns umgehend zurückrufe. Als er sich eine Stunde später noch nicht zurückgemeldet hat (so groß ist das Haus gar nicht), rufen wir wieder an. Herr Helm ist auf merkwürdige Weise erregt und fragt, warum wir so auf die Zusendung des Vorbescheides drängen würden, das Vorhaben sei doch ohnehin abgelehnt worden. Unsere Erklärung, dass man ohne Vorbescheid keinen Widerspruch einlegen kann, scheint ihn noch mehr zu erregen, er sagt, dass Widerspruch hier gar nichts bringe, da dieser wiederum abgelehnt werden wird. Bei der Diskussion über Sinn und Unsinn dieser Ablehnung verliert er völlig die Fassung und legt wutentbrannt auf...


14.12.2004

der langersehnte Vorbescheid wird uns vom Bauamt zugeschickt. Ergebnis: " Die Erteilung einer Baugenehmigung für das geplante Bauvorhaben kann nicht in Aussicht gestellt werden." Als Begründung folgt ein mehrseitiges Zitat der geltenden Gesetze, so vor allem §35 BauGB (Bauen im Außenbereich). Dieser Paragraph besagt, dass Bauen im Außenbereich nur dann zulässig ist, wenn das Bauvorhaben privilegiert ist, und keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Da unser Vorhaben jedoch "die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten lässt" und zudem noch eine "weitreichende nicht übersehbare Vorbildwirkung" hätte, kann eine Baugenehmigung nicht erteilt werden. So einfach ist das. Wir bezahlen für diesen Vorbescheid 500 Euro unter Vorbehalt.



Januar 2005

bei einem persönlichen Gespräch mit Frau Hoppenheidt (die zu dieser Zeit für uns zuständig zu sein vorgibt) versuchen wir nochmals, unser Vorhaben zu erklären. Anstatt darauf einzugehen, bringt sie das Thema auf unsere Bauwagen und auf unsere Tiere. Nach ihrer Meinung dürften wir hier draußen keine Tiere halten und erst recht keine Bauwagen. Nach mehrmaliger Nachfrage legt sie uns ein Gesetz vor, das besagt, dass Bauwagen "durch ihr Eigengewicht fest mit dem Erdboden verbundene bauliche Anlagen" sind und damit einer Baugenehmigung bedürfen. (!)
Sie weist uns nochmal darauf hin, dass unsere einzige Chance eine Privilegierung durch einen landwirtschaftlichen Betrieb ist und gibt uns sogar die Adresse des Landwirtschaftamtes, damit wir uns dort genauere Informationen über landwirtschaftliche Betriebe besorgen können.

Herr Merten vom Landwirtschaftsamt in Beeskow ist der erste, der uns wirklich wertvolle Informationen über die Vorgänge im Bauamt (!) gibt. Wir erfahren von ihm Dinge, die wir seit drei Jahren vom Bauamt wissen wollen, die uns dort aber nie gesagt wurden. So zum Beispiel die Tatsache, dass selbst wenn man einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhält, - man also privilegiert wäre - es noch lange nicht bedeutet, dass man auch bauen darf. Woher soll man das wissen, wenn nicht von dem Amt, das dafür zuständig ist? Herr Merten erzählt uns auch, dass wir nicht die einzigen sind, denen es so ergangen ist und die deshalb beim ihm nach landwirtschaftlichen Betrieben fragen.


24.01.2005

wir legen schriftlich Widerspruch gegen den Vorbescheid ein, weil wir immer noch hoffen, mit vernünftigen Argumenten gegen den Unsinn der brandenburgischen Baugesetze anzukommen.


06.05.2005

wir bekommen Post vom Bauamt. Ohne dass wir weitere Erklärungen zum Widerspruch abgegeben haben, ist dieser bearbeitet und abgelehnt worden. Kosten dafür: 500 Euro. Laut Gebührenordnung kostet ein Widerspruch genausoviel, wie die Sachentscheidung selbst. Hat uns vorher natürlich keiner verraten...